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TV-Kritik/Review: American Odyssey

Neues Verschwörungsdrama bei NBC - von Marcus Kirzynowski
(18.05.2015)

Allein gegen alle: Sergeant Odelle Ballard (Anna Friel) schlägt sich durch Mali
Allein gegen alle: Sergeant Odelle Ballard (Anna Friel) schlägt sich durch Mali


Es ist kein guter Tag für Sergeant Odelle Ballard (Anna Friel). Die Offizierin ist als Teil einer Task Force in Mali stationiert. Zunächst stößt sie bei der Aushebelung einer Gruppe von Terroristen auf eine Computerdatei, die beweist, dass ein US-Konzern einen Millionenbetrag an die islamistische Terrororganisation überwiesen hat. Sie schafft es gerade noch, das belastende Material auf einen Flash-Stick zu übertragen, bevor eine Einheit des privaten Militärdienstleisters OSELA hereinstürmt und den Laptop beschlagnahmt. Doch nachts fällt Ballards Einheit urplötzlich einem Luftangriff zum Opfer. Das einzige weibliche Mitglied überlebt nur, weil sie sich gerade zum Austreten von ihren Kameraden entfernt hatte. Von dort beobachtet sie, wie die gleichen Männer an der Stelle des Angriffs auftauchen, die kurz vorher das Material der Terroristen sichergestellt hatten. Es gelingt ihr gerade noch, einen Notruf abzusetzen, bevor ihre Flucht vor den angeblichen Verbündeten beginnt - und damit ihre Odyssee durch die malische Wüste. Am Ende der Auftaktfolge ist sie bereits - als Mann getarnt - in die Hände einer Gruppe von Tuareg gefallen, die sie der Terrorgruppe Ansar Dine ausliefern wollen.

Das ist jedoch nur einer von mindestens drei Handlungssträngen, die NBCs Frühjahrsserie  "American Odyssey" in der ersten Folge eröffnet - wenn auch der mit großem Abstand interessanteste. Da es sich aber um eine groß angelegte Verschwörungsgeschichte handeln soll, darf auch Ballards Heimat selbst, die USA, als Handlungsort nicht ausgespart bleiben. Hier begegnen wir in New York dem ehemaligen Bundesanwalt Pete Decker (Peter Facinelli), der jetzt - eher unwillig - als Datenanalyst bei einem Großunternehmen arbeitet und dabei einem Fall von Korruption auf die Spur kommt. Schließlich wird noch der Globalisierungsgegner Harrison Walters (Jake Robinson) eingeführt, der am Rande einer Anti-G8-Kundgebung mit dem Hacker Bob Offer (Nate Mooney) in Kontakt kommt. Den wimmelt er zunächst ab, da er als paranoider Verschwörungstheoretiker erscheint. Am nächsten Tag meldet sich Bob aber mit einem echten Coup: Er hat sich in Ballards E-Mail-Account eingehackt und darin ihre Nachricht entdeckt, dass sie den Angriff in der Wüste überlebt hat - während Militär und Regierung öffentlich behaupten, es habe keine Überlebende gegeben.

Im derzeitigen Programm der großen US-Fernsehnetworks wirkt "American Odyssey" wie ein Fremdkörper. Statt eskapistischer Crime-Procedurals oder Superheldenverfilmungen wagt sich NBC hier ausnahmsweise einmal an eine Dramaserie mit ebenso aktuellen wie brisanten politischen Themen. Von internationalem islamistischen Terrorismus über staatliche Überwachungspraktiken bis zu Globalisierungskritik und den Auswirkungen der Finanzkrise auf Griechenland ist fast alles dabei. Positiv ist auch, dass die USA hier nicht wie in den allermeisten Serien aus diesem Land als gerechte Weltpolizei dargestellt wird, sondern an ihrem Militär, privaten Sicherheitsunternehmen und der Welt des Big Business kaum ein gutes Haar gelassen wird. Lediglich einige wenige "Aufrechte" stehen alleine gegen die Übermacht dessen, was Linke früher gerne den militärisch-industriellen Komplex nannten.

Anwalt Pete Decker (Peter Facinelli) kämpft an der "Heimatfront" gegen mächtige Gegner
Anwalt Pete Decker (Peter Facinelli) kämpft an der "Heimatfront" gegen mächtige Gegner

Ungewöhnlich ist auch, dass ein großer Teil der Serie in Afrika spielt. So viele eindrucksvolle Bilder von durch Wüstenlandschaften ziehenden Tuareg, aber auch von afrikanischen Städten (auch wenn diese in der Realität nicht in Mali, sondern in Marokko liegen) waren wohl noch nie in einer amerikanischen Mainstreamserie zu sehen. Hieraus bezieht "American Odyssey" einen Großteil seines Reizes. Anna Friel, bisher eher aus leichteren komödiantischen Rollen wie etwa als untote Freundin des Zuckerbäckers in  "Pushing Daisies" bekannt, beweist, dass sie auch als leading lady in einer dramatischen Serie bestehen kann. In jeder ihrer Szenen verkörpert sie glaubhaft und emotional die inneren Widersprüche einer Frau, die zwischen ihrem Job als Soldatin und der Loyalität zu ihren Vorgesetzten sowie ihrer Rolle als Mutter und ihrem eisernen Überlebenswillen hin- und hergerissen ist. Bemerkenswert auch, dass Friel dabei häufiger mit den Einheimischen Arabisch sprechen darf, gelten Untertitel im US-Fernsehen doch normalerweise als Quotenkiller.

Gegen die Odyssee Ballards durch Mali fallen die anderen Handlungsstränge deutlich ab. Am wenigsten überzeugt die Unternehmensgeschichte um den recht farblos bleibenden Peter Facinelli. Diese erschöpft sich in Elementen, die man schon (zu) oft in Spionagefilmen oder -serien gesehen hat, wie etwa dem klischeehaften Überfahren eines wichtigen Informanten gleich zu Beginn der Serie. Etwas spannender ist da schon die Substory um den Globalisierungsgegner und seinen neuen Hackerfreund, auch wenn letzterer allzu stereotyp gezeichnet wird: Natürlich lebt Bob noch bei seiner Mutter, wirkt paranoid und sozial inkompetent und verlässt sein Zimmer nur, wenn absolut nötig. Und dann ist da noch die zu Hause zurückgebliebene Familie der US-Soldatin: Während sich ihr Ehemann Ron (Jim True-Frost, der glücklose Polizist und spätere Mathelehrer "Prez" aus  "The Wire") sehr schnell damit abfindet, dass seine Odelle angeblich tot ist, will Tochter Suzanne (Sadie Sink) das nicht glauben und spricht ihr weiterhin jeden Tag auf ihre Handy-Mailbox. Es gibt dann noch diverse Nebenhandlungen, etwa um den neuen Freund von Deckers Tochter, die aber eher zur Unübersichtlichkeit beitragen als zur Spannungssteigerung.

Alles in allem ist die Serie jedoch durchaus ein kleiner Lichtblick im Programmeinerlei von NBC & Co. Ihren Platz im Mainstreamfernsehen kann und will sie zwar nie verleugnen, trotzdem hat sie wahrscheinlich mehr Bezug zu der Welt, in der wir gegenwärtig leben, als der Rest der derzeitigen Network-Serien zusammen. Klar wirkt das Zusammenspiel der vielen mehr oder minder zusammenhängenden Handlungsstränge oft holprig, manche vermeintlich überraschende Wendung vorhersehbar oder konstruiert. Dem Unterhaltungswert leistet das aber keinen Abbruch. Relevante Grundthemen, eine tolle Hauptdarstellerin und packende Bilder machen "American Odyssey" zu einer kurzweiligen Serie, bei der man zudem sein Gehirn vorher nicht ausschalten muss - was im derzeitigen US-Networkfernsehen schon eine Seltenheit darstellt.


Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten sechs Episoden der Serie.

Meine Wertung: 3.5/5

Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: Universal TV

 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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