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TV-Kritik/Review: BrainDead

Genremix aus SciFi-Horror und Politsatire ergibt schön schräge Sommerserie - von Gian-Philip Andreas
(04.07.2016)

Spielt die Vorreiterin im Kampf gegen die Aliens: Mary Elizabeth Winstead
Spielt die Vorreiterin im Kampf gegen die Aliens: Mary Elizabeth Winstead

Aus der Abteilung sonderbares Liedgut stammen diese beiden Verse:

"You know your day was lousy
when somebody's head exploded on you."

Gesungen werden sie von einem jovialen Folksänger, der zu Beginn der zweiten Episode von  "BrainDead" die Ereignisse der Pilotfolge gitarreschrammelnd zusammenfasst, wo normalerweise eine seriöse Stimme das "Previously on..." einleitet, eine kurze Montage von Schlüsselszenen und -dialogen. Die Verspieltheit eines gutgelaunten Folksongs in Kombination mit mehrgleisig ekelhaften Ereignissen bringt den absonderlichen Stilmix gut auf den Punkt, mit dem die  "The Good Wife"-Macher Michelle und Robert King diese neue CBS-Sommerserie ausgestattet haben: "BrainDead" ist eine launige Politsatire, die mit Sci-Fi- und auch drastischen Horror-Elementen arbeitet. Man könnte sagen:  "House of Cards" oder wenigstens  "The West Wing" trifft "Invasion of the Body Snatchers", "The Stepford Wives" und das Zombie-Genre. Klingt merkwürdig. Doch wer sich die Prämisse dieser Serie genauer anschaut, könnte sie in Zeiten, in denen eine krakeelende Witzfigur wie Donald Trump allen Ernstes um die US-amerikanische Präsidentschaft kandidiert, schon fast wieder für plausibel halten: Könnte es sein, dass gewisse Politiker gar nicht von sich aus irre geworden sind, sondern von außerirdischen Ameisen befallen und gleichgeschaltet wurden?

Mit gutem Cast und einem steten Augenzwinkern wirft sich "BrainDead" lustvoll in diese Washington-Persiflage. Schon der kulturelle Hintergrund der Protagonistin Laurel Healy wird als betont gegensätzlich zur Politwelt in der US-Hauptstadt entworfen: Eigentlich dreht sie Dokumentarfilme über entlegene Musikthemen wie das Jodeln oder melanesische Choräle auf den Salomonen. Doch leider sind ihr die Fördergelder ausgegangen, weswegen ihr Polit-Vater sie zu einem faustischen Pakt überredet: Sie bekommt 200.000 Dollar, wenn sie im Gegenzug ein halbes Jahr lang im Büro ihres aalglatten Bruders Luke (Danny Pino aus der CBS-Krimiserie  "Cold Case") arbeitet, eines demokratischen Senators und sogenannten "whips", also Mehrheitsbeschaffers. Es ist auch das Verdienst der wunderbaren Mary Elizabeth Winstead (im Kino unlängst in "10 Cloverfield Lane" zu sehen), dass der Wechsel der Dokumentarfilmerin in die glitschige Welt der Bundespolitik glaubhaft bleibt.

In Lukes Büro muss Laurel zunächst die Wählersprechstunde betreuen. Dabei hat sie mit lauter Sonderlingen zu tun, die ihre Minimalprobleme für Staatssache halten oder dem verehrten Senator schon mal eine riesige Hundeskulptur aus Schokolade schenken wollen. Im Zuge der politischen Großwetterlage, in der wegen Budgetstreitigkeiten zwischen Demokraten und Republikanern ein sogenannter "Shutdown" ansteht, bei dem alle Regierungsgeschäfte zum Erliegen kommen (wie es 2013 in den USA fast drei Wochen lang tatsächlich der Fall war), kann sich Laurel allerdings sehr schnell für Höheres empfehlen: Zusammen mit dem smarten Gareth (Aaron Tveit,  "Graceland"), Assistent des republikanischen Senators Red Wheatus, fädelt sie einen Kuhhandel ein, der zu einem Last-Minute-Kompromiss führen könnte.

Aaron Tveit als Gareth Ritter
Aaron Tveit als Gareth Ritter

Doch dem kommen die Aliens in die Quere. Was als kühne Metapher für das erratische Verhalten von Politikern, Medienmenschen und sonstigen Entscheidern dient, nimmt konkrete Formen an: In Russland ist ein Meteorit eingeschlagen (hier greift Robert King, der die Pilotepisode persönlich inszenierte, auf die YouTube-Clips vom Meteor von Tscheljabinsk zurück, die im Februar 2013 für Furore sorgten), der zu Untersuchungszwecken per Schiff in die USA transportiert wird. An Bord kriechen Alien-Ameisen aus dem Geröll, die sich sofort menschliche Wirte suchen: Erst ist die Schiffsbesatzung dran (Gastauftritt von Dominic Fumusa aus  "Nurse Jackie"), dann geht's an Land weiter. Washington ist das bevorzugte Ziel der außerirdischen Besatzungsmacht: Gareths Chef Wheatus etwa (mit Spaß an der Karikatur:  "Monk"-Star Tony Shalhoub), einem reaktionären Hardliner und Berufsalkoholiker, lassen die Viecher ein Gutteil seines Gehirns aus dem Ohr schwappen, das bei Berührung sofort verpufft. So viel Freude man an dieser sarkastisch-metaphorischen Begründung für den Polit-Wahnsinn unserer Tage haben kann, so eklig ist die Szene auch; es macht Sinn, dass "Alien"-Regisseur Ridley Scott als Executive Producer fungiert. Wheatus jedenfalls ist, als Beute der Body Snatchers, so gut gelaunt wie nie und irritiert sein Umfeld fortan mit einer ungeahnten Vorliebe für grüne Smoothies und abgehangenen Achtzigerjahre-Pop: Der Song "You Might Think" von den Cars fungiert als ein perfides Erkennungszeichen für die außerirdische Übernahme. Die beliebte Textzeile "You might think I'm crazy / but all I want is you" wird man jedenfalls nie wieder ohne diese paranoide Aufladung hören können.

Die Alienkäfer in Senator Wheatus Kopf verleiten ihren Wirt nun dazu, den ausgehandelten Deal sofort wieder platzen zu lassen: Wheatus bringt einen anderen demokratischen Senator dazu, die Seiten zu wechseln, was den Shutdown besiegelt. In der zweiten Episode setzt es weiterhin politsatirische Seitenhiebe, Luke muss zudem einen herben politischen Rückschlag durch seine Mentorin Ella Pollack (Jan Maxwell) hinnehmen, doch daneben wächst Laurel eine Art Ermittlerrolle bei der Aufdeckung der Hintergründe all dieser seltsamen Wesensveränderungen zu. Mit dem genialischen Straßenschachspieler Gustav (Johnny Ray Gill), dem FBI-Agenten Anthony (Charlie Semine aus der Taylor Schilling-Serie  "Mercy") sowie Rochelle (Nikki M. James), der Tochter eines von den Aliens getöteten Arztes (Michael Potts,  "True Detective"), betreten durchaus vielversprechende Figuren die Bühne, die von unterschiedlichen Ansatzpunkten ausgehend Hinweise zur Lösung des Rätsels bereithalten.

Freilich ist der Fokus auf den Mystery-Aspekt nicht unproblematisch: So gut die auf den irre gewordenen Politbetrieb angewandte Alien-Metapher auch passt, so schnell wäre sie erledigt, wenn es am Ende zu einer Auflösung oder gar Rettung käme. Auch bleibt die Satire zahmer, als es die Prämisse erwarten lässt. Zwar wird der derzeitige Präsidentenwahlkampf mit Fernsehbildern von Trump, Clinton und durchlauferhitzten News Anchors als Soundtrack aus der Empörungshölle stets präsent gehalten, doch klaren Positionen verweigern sich die Kings, um stattdessen diffus gegen "die da oben" anzustänkern. Die zynischen Betrachtungen treffen das System paritätisch: Nicht nur die Republikaner, auch Demokraten werden infiziert, und auch beim Schachern um mediale Aufmerksamkeit tun sich beide Lager schäbig hervor. Als etwa ein krebskrankes Mädchen das Lincoln Memorial besuchen möchte, das wegen des Shutdowns geschlossen ist, wird es von Luke rührselig gegen die Sturheit der Republikaner instrumentalisiert, die wiederum den Vater des Mädchens - Cameo von William Ragsdale (Star der 90er-Jahre-Sitcom  "Vier mal Herman"/"Herman's Head") - als angeblich sozialistischen Lehrer verunglimpfen, der die Homosexualität Lincolns unterrichte. Schon klar: Die Politik ist zur Gänze korrupt, besonders in Washington, und niemandem ist mehr über den Weg zu trauen. Sollte es bei dieser doch sehr populistischen Stammtisch-Weisheit bleiben, wäre das auf Staffellänge nichts Neues. Und wenn es als Lösung der Misere nur eines Siegs über die außerirdischen Ameisen bedürfte, wäre das fast beruhigend.

Auf jeden Fall aber haben die Autoren Freude daran, mit sämtlichen verfügbaren Redewendungen des Verstandverlierens herumzuspielen, die angesichts der Geschehnisse in der Serie wortwörtlich genommen werden dürfen: "Have the Republicans all lost their mind?" oder "Why do you Democrats always have to treat us like lunatics?" So sorgen die ersten Folgen durchaus für Amüsement; die zügige Inszenierung und der an Danny Elfmans Scores für diverse Tim-Burton-Filme erinnernde Soundtrack von David Buckley (ebenfalls "The Good Wife"), die typischen King/King-Merkmale (Titeleinblendung erst in der Mitte der Episode) und liebevolle Spielereien wie die eingangs erwähnten "Previously Ons" sorgen für gute Laune und machen "BrainDead" als kuriosen, wenn auch etwas unebenen Genremix zu einer schön schrägen Sommerserie.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "BrainDead"

Meine Wertung: 3.5/5


Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: CBS


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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