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TV-Kritik/Review: The Grand Tour
(21.11.2016)
Die gute Nachricht vorweg: Das echte
Die erste Folge der neuen Show setzt dort an, wo im Frühjahr 2015 alles begann: "Top Gear"-Moderator Jeremy Clarkson muss seinen Arbeitsplatz bei der BBC verlassen. Nicht nur Millionen von Zuschauern weltweit waren damals entsetzt, auch der Himmel über London öffnete seine Schleusen. Das Ende einer Ära? Von wegen. Ein nachdenklicher, fast reumütiger Clarkson steigt in den Flieger gen Vereinigte Staaten von Amerika und rast Sekunden später in einem Ford Mustang über den sonnendurchfluteten Highway nahe Los Angeles. Wie aus dem Nichts tauchen Richard Hammond und James May ebenfalls in US-amerikanischen Sportwagen im Rückspiegel auf. Im Hintergrund die neue Titelmusik, die - motorsportaffinen Zuschauern wird es aufgefallen sein - deutliche Parallelen zu "Bringing Back the Sunshine" von Country-Star Blake Shelton aufweist, welches das US-amerikanische Network NBC für seine Berichterstattung der diesjährigen NASCAR-Saison verwendet. Die USA. Land der unbegrenzten (Budget-)Möglichkeiten und des Amerikanischen Traums. Dort, wo die Sonne immer scheint. Wo selbst Ausgestoßene wie Clarkson eine zweite Chance erhalten und wie Rockstars gefeiert werden. Die Handschrift des spendablen neuen Arbeitgebers Amazon ist unverkennbar.
Nach einer kurzen Begrüßung auf einer Open-Air-Bühne mitten in der Mojave-Wüste gehts ab ins Zelt, das in allen zwölf Folgen dieser Staffel als mobiles Studio dient. Schließlich wird jede Folge von "The Grand Tour" in einem anderen Land aufgezeichnet. Im Inneren des Zeltes sind keine gravierenden Unterschiede zum alten Studio auszumachen. Die Leinwände im Hintergrund, auf die jeweils landestypische Außenansichten projiziert werden, sind neu. Das Studiopublikum versammelt sich jedoch weiterhin stehend wie eine Traube um die drei Moderatoren.
Auch am inhaltlichen Ablauf der Sendung hat sich kaum etwas geändert: Zu Beginn gibt es Neuigkeiten aus der Automobilbranche, dann ein mehr oder weniger hochpreisiges Auto im Praxistest und mittendrin natürlich das Herzstück der Sendung: Die drei wettbewerbsfanatischen Moderatoren messen und necken sich in einer launigen Challenge auf der Rennstrecke. Die erste Folge knüpft direkt an einen altbekannten Konkurrenzkampf aus vorherigen "Top Gear"-Staffeln an, in dem Jeremy und Co. wissen wollten, welches das schnellste Hybrid-Hypercar ist: Der McLaren P1, der Porsche 918 oder der Ferrari LaFerrari? Solche traditionsbewussten Fortsetzungen sind Balsam für die lange geschundene Seele der "Top Gear"-Fans.
An einigen Stellen kommt "The Grand Tour" allerdings etwas amerikanischer herüber als "Top Gear". So ist das "Top Gear"-Maskottchen "The Stig" verständlicherweise nicht mehr dabei. Für ihn heizt nun der liebevoll nüchtern als "The American" bezeichnete US-amerikanische NASCAR-Rennfahrer Mike Skinner um die neue Teststrecke "Eboladrome". Personalentscheidung des neuen Arbeitgebers, so Clarkson. Ebenfalls modernisiert wurde der Zeitenmonitor, der nun digital auf einem Bildschirm zu sehen ist und nicht mehr als eine liebevolle Sammlung unleserlich beschrifteter Magnetstreifen an der "Fastest Lap"-Metallwand daherkommt. Weitere Neuerung: die für US-amerikanische Sendungen üblichen Intro-Einspieler für jede Rubrik, die selbst die drei Moderatoren nicht ganz ernst nehmen. Gleiches gilt für die neu eingeführte, unlustige und überflüssige Rubrik "Celebrity Braincrash", die hoffentlich wie die "tödlich verunglückten" Stargäste der Auftaktfolge möglichst schnell auf dem Friedhof landen wird.
Wenn man von den Moderatoren mal absieht, sind sich "The Grand Tour" und das neue "Top Gear", das die BBC in diesem Jahr gestartet hat, eigentlich sehr ähnlich. Beide Sendungen nehmen sich und das Thema "Auto" nicht bitterernst und sowohl die Tonalität als auch die Kinematographie der Einspieler gleichen sich.
Dennoch gibt es diesen einen entscheidenden Qualitätsunterschied: die Moderatoren. Jeremy Clarkson, Richard Hammond und James May sind ein eingespieltes Team, das den richtigen Grad an Harmonie, Zynismus und Männerfreundschaft mit sich bringt. Dadurch wirkt "The Grand Tour" trotz amerikanischer Einflüsse wie das echte, das einzig wahre "Top Gear", während das originale "Top Gear" zu einem billigen, einfallslosen Plagiat seiner selbst verkommen ist.
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten Episode der Serie im englischen Originalton.
Bastian Knümann
© Alle Bilder: Amazon Prime
Über den Autor
Seit seinem Praktikum in den Semesterferien im Sommer 2011 gehört er der Redaktion an und ist damit einer der dienstältesten Mitarbeiter.
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