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TV-Kritik/Review: Tyrant
(28.07.2014)
Um
Im Ansatz ist "Tyrant" eine jener Cultural-Clash-Geschichten zwischen Westen und (Nahem) Osten, die Gordon so liebt: Der seit Jahrzehnten in den USA lebende Arzt Bassam Al Fayeed alias "Barry" (Adam Rayner) kehrt (auf Druck seiner angloamerikanischen Ehefrau) in sein muslimisches Heimatland zurück, um der Hochzeit seines Neffen beizuwohnen. Dummerweise ist nicht nur Barrys Vater Khaled (Nasser Faris) der verblendete Diktator des fiktiven Staats Abbudin, sondern zudem sein Bruder Jamal (Ashraf Barhom) ein psychopathischer Tyrann. Das wird uns gleich in der ersten Szene ohne Fackeln präsentiert, in der dieser - offenbar zum wiederholten Male - eine Frau in deren Haus vergewaltigt, während seine Soldaten ihre Familie in Schach halten. Danach trifft Barry erst im Land ein und dann - eher distanziert - auf seine diversen Verwandten, derentwegen er seinerzeit ausgewandert ist. Parallel laufen die Vorbereitungen für die prunkvolle, aber von Terroristen bedrohte Vermählung auf Hochtouren. Am Ende des Piloten sind die jungen Leute zwar getraut, aber auch der Diktator einem Schlaganfall erlegen und dessen designierter Nachfolger Jamal schwer verletzt im Straßengraben gelandet (erzwungener Oralsex während der Autofahrt ist halt doch keine ganz so clevere Idee).
Die Absurdität dieses Cliffhangers erinnert nicht zufällig an klassische US-Primetime-Soaps wie
Wobei Glaubwürdigkeit ohnehin eine Eigenschaft ist, die man in dieser Serie vergeblich sucht. Das fängt mit der grundsätzlichen kreativen Fehlentscheidung an, dass alle arabischen Figuren immer Englisch sprechen - auch wenn gar kein Amerikaner zugegen ist. So hält dann selbst der Präsident seine flammenden Ansprachen ans Volk in gebrochenem Englisch - im Zeitalter bilingualer Kabelserien (die im Falle von
Wichtiger als ein solches Detail scheint den Produzenten zu sein, dass der Exploitation-Grad immer schön hoch bleibt: Da muss die Geisel in der zweiten Folge natürlich mit zerrissener Bluse gefesselt vor dem Geiselnehmer sitzen und ihm auch noch - als Angebot, um freizukommen - zuraunen: "Du hast noch nie die Brust einer Frau gesehen!" Auch wenn Jamal seine schöne junge Gattin gierig beim Duschen anstarrt, dient das keinem anderen Zweck, als noch ein paar sexuell unausgelastete Zuschauer zu gewinnen. Im Grunde ist "Tyrant" ein Porno - nicht etwa, weil es explizite Sexszenen gäbe, sondern weil Buch und Inszenierung - ähnlich wie sogenannte Torture Porn-Horrorfilme, etwa die "Saw"-Reihe - im Grunde ständig nur an die niederen Instinkte der Zuschauer appellieren: was in diesem Fall vom Bedienen antiislamischer und antiarabischer Vorurteile bis zu Vergewaltigungsphantasien reicht.
Was die rein filmisch-handwerkliche Ebene abseits des Inhalts angeht, macht die Serie nicht viel falsch: Die Sets sind aufwändig, die Bildsprache erinnert an Premium-Kabelserien von HBO oder Showtime. Der Score neigt allerdings zu übertriebenem Pathos, wodurch zum Beispiel die Trauerrede für den Diktator einen unpassenden Hauch von "Harry Potter" bekommt. Vielleicht liegt das daran, dass dessen mehrmaliger Regisseur David Yates nach Ang Lees Abgang die Inszenierung des Piloten übernahm. Der konnte jedoch ohnehin nichts mehr retten: "Tyrant" ist ein Musterbeispiel, was dabei herauskommt, wenn alle wichtigen Beteiligten komplett unvereinbare kreative Vorstellungen haben - und ein starkes Indiz dafür, dass die erste "Homeland"-Staffel wohl doch nur das eine Korn war, das auch ein "blindes Huhn" wie Howard Gordon einmal findet.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Tyrant".
Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: FX
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