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TV-Kritik/Review: Unbreakable Kimmy Schmidt
(16.03.2015)
Spätestens mit
Schräg und auch recht gewagt ist auf jeden Fall die Ausgangssituation: Vor 15 Jahren wurde die Titelfigur als 14-Jährige von einem durchgeknallten Sektenführer in einen Bunker in Indiana verfrachtet. Er machte ihr und drei weiteren jungen Frauen weis, die Erdoberfläche sei nach einer Katastrophe von apokalyptischen Ausmaßen unbewohnbar geworden, sie seien die einzigen Überlebenden. Nach 15 Jahren im Bunker mit den drei "Mitschwestern" wird Kimmy eines Tages von einem Einsatzteam der Polizei befreit - und muss feststellen, dass die Erde nicht nur völlig unbeschadet ist, sondern sich in der vergangenen Zeit auch in ihrer Abwesenheit ein ganz schönes Stück weitergedreht hat.
Während die anderen drei Frauen nach dem zu erwartenden Presserummel - die Medien versehen die Befreiten gleich mit dem Spitznamen "The Indiana Moles" - unverzüglich in die ländliche Heimat zurückkehren wollen, entschließt sich Kimmy nach ihrem Auftritt in der
Trotz aller Rückschläge und peinlichen Situationen verliert Kimmy jedoch nie ihren Optimismus und Lebensmut: Was kann ihr schon passieren, wenn sie an der hoffnungslosen Situation in Gefangenschaft nicht zerbrochen ist? Ellie Kemper (
Obwohl Kimmy weder über eine Schulbildung verfügt, die über die Mittelstufe hinausgeht, noch einen blassen Schimmer hat, wie sich die Welt in den vergangenen 15 Jahren weiterentwickelt hat, ist sie alles andere als dumm. Mit ihren Instinkten und ihrer Bauernschläue schlägt sie sich ganz gut durch. Zwischendurch fällt sie allerdings immer wieder in kindliches Verhalten zurück, testet erst einmal ausgiebig die Schaukel auf dem Spielplatz und stopft sich die Taschen in einem Süßwarenladen voll. Aber schon warten die Herausforderungen des Erwachsenenlebens: Kimmy braucht einen Job und eine Bleibe.
Beides hat sie durch eine Verkettung von Zufällen, wie es sie wohl nur in Komödien gibt, schon in der ersten Folge: eine Stelle als Babysitterin einer störrischen Teenagerin und ein winziges Zimmer in einer WG mit dem erfolglosen Musicaldarsteller Titus Andromedon (Tituss Burgess). Der ist als Verkörperung aller Klischees über schwule Showbiz-Menschen vielleicht die größte Schwachstelle der Serie. Titus ist überkandidelt, selbstüberschätzend, selbstbezogen und manieriert. Ebenso egozentrisch, allerdings am anderen Ende der sozialen Skala angesiedelt, ist Kimmys neue Chefin Jacqueline Voorhees, eine reiche und gelangweilte Ehefrau und Stiefmutter, deren Gatte sich auf einer nicht enden wollenden Geschäftsreise durch Asien befindet. Jane Krakowski variiert hier im Wesentlichen die Rollen der oberflächlichen Frauen, die sie schon in "30 Rock" und davor in
Zu wenig gibt es in den ersten Folgen leider von Kimmys früheren Leidensgenossinnen zu sehen, von denen eine als Hispanierin für den herrlichen Running Gag sorgt, dass sie auch nach eineinhalb Jahrzehnten mit drei Angloamerikannerinnen im Bunker immer noch nicht Englisch spricht (die drei Weißen aber mittlerweile Spanisch). Um Political Correctness scheren sich Fey und Carlock ohnehin recht wenig, jede Minderheit bekommt ihr Fett weg. Das ist erst einmal sympathisch, leider zünden aber beileibe nicht alle Gags. Am gelungensten ist in dieser Hinsicht die Auftaktfolge geraten, in der nicht nur das absurd-sarkastische Grundkonzept voll ausgespielt wird, sondern auch die physische Seite von Kempers Komik. Danach gerät Kimmys Vergangenheit leider oft zu sehr in den Hintergrund, spulen die Autoren stattdessen die üblichen Sitcom-Situationen ab: Titus muss um seine Rechte oder eine neue beschämende Rolle kämpfen (als einer von einem Dutzend Spider-Men in einer Musicalbearbeitung), Kimmy ihre Chefin von ihren Fähigkeiten überzeugen oder sich gegenüber der biestigen Stieftochter durchsetzen. Am Ende jeder Folge steht die Erkenntnis, dass das Leben trotz aller Widrigkeiten lebenswert und man mit genügend Willensstärke eben unbreakable ist. Interessante Konstellationen zwischen den Figuren sind noch nicht richtig erkennbar - ob die zugegebenermaßen originelle Ausgangslage ausreicht, um die Zuschauer mehrere Staffeln lang bei der Stange zu halten?
Auch stilistisch fällt die Serie nach der ersten Folge leider ab: Sieht der Pilot noch relativ hochwertig produziert aus, mit vielen Außenaufnahmen, verlässt die Inszenierung in den nächsten Episoden nur noch selten die immer gleichen - und ebenfalls sitcomtypischen - Settings wie WG und Arbeitsplatz. Aus der Grundidee wird letztlich zu wenig gemacht, der in ihr steckende schwarze Humor meist nicht voll ausgespielt. Stattdessen schalten Fey und Carlock zu schnell wieder in ihren gewohnten "30 Rock"-Modus mit (zu) ähnlichen Nebenfiguren (der überdrehte schwarze Entertainer, die selbstverliebte Weiße) und meist eher harmlosen Gags und popkulturellen Anspielungen, die auch gerne einfach mal versanden. In Konzeption und Durchführung merkt man der Staffel an, dass sie ursprünglich eben doch für einen Mainstream-Sender gemacht wurde. Vielleicht ändert sich das, wenn Netflix für die zweite Staffel dann die alleinige Kontrolle hat und die Autoren keine Rücksicht mehr auf die starren Regeln des US-Network-Fernsehens nehmen müssen. Dass selbst eine Serie, wie sie "Unbreakable Kimmy Schmidt" bislang ist, für NBC schon zu gewagt sein soll, ist für dessen Zustand allerdings ein Armutszeugnis.
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten vier Folgen der Serie.
Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: Universal TV
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