Originalpremiere: 1997
Deutsche TV-Premiere: 31.08.1997 (Das Erste)
1906: Das ganze Deutsche Reich scheint einen wilhelminisch hochgezwirbelten Schnurrbart zu tragen. Der Geist des Militarismus schwebt darüber, hell leuchtet der Glanz der Uniformen. In Berlin, wo Preußen am preußischsten ist, kommt ein Mann aus dem Gefängnis: der Schuster Wilhelm Voigt. Fünf Jahre hat er in der Haft verbracht und davor schon einmal zehn, beides wegen Bagatellen. Nun sucht der 50-Jährige Arbeit. Das ist leichter gesagt als getan, denn er gerät in einen Teufelskreis der Bürokratie: Ohne Pass bekommt er keine Anstellung und ohne Anstellung keinen Pass. In seiner Not bricht er sogar bei der Polizei ein, um einen Pass zu fälschen. Aber der Pechvogel landet dafür noch einmal für zehn Jahre hinter preußischen Gardinen. Dort kann er unfreiwillig bei Übungen zum Sedanstag sein Wissen über das Militär vervollkommnen, bei dem er nie gedient hat - schließlich saß er immer hinter Gittern. Endlich wieder in Freiheit, kommt Wilhelm bei seiner Schwester Maria und dem kaisertreuen Schwager August unter. Doch bald trifft alles Unglück und alle Ungerechtigkeit zusammen. Die 16-jährige Magd Lieschen, mit der Voigt eine tiefe Freundschaft verband, stirbt. Der Schwager wird nicht zum Feldwebel befördert. Und Wilhelm Voigt bekommt Post: den Ausweisungsbefehl. Er darf sich in Berlin und Umgebung nicht mehr sehen lassen. Voigt steht auf gegen das unmenschliche "Recht". Er kauft sich beim Trödler eine komplette Hauptmannsuniform. Etwas ramponiert zwar, aber sie tut ihren Zweck auf geradezu magische Weise. In Uniform wird Voigt ein anderer Mann. Ohne Schwierigkeiten rekrutiert er Soldaten "auf allerhöchste Anordnung des Kaisers". Die kleine Truppe Dr. Obermüller, beschlagnahmt die Stadtkasse. Diensteifrig sind alle bemüht, es dem Hauptmann von Köpenick recht zu machen. Nur einen Schönheitsfehler hat das Ganze: Den Pass, den Voigt sich eigentlich beschaffen wollte, bekommt er auch hier nicht ... Ganz Europa lacht über den Streich, außer dem deutschen Staat natürlich. Auf den Kopf des falschen Hauptmanns stehen 2.000 Reichsmark Belohnung. Aber Voigt stellt sich selbst der Polizei und übergibt die unversehrte Stadtkasse. Seine einzige Bedingung: Er will endlich seinen Pass. Doch den bekommt er nicht, stattdessen muss er wieder einmal ins Gefängnis. Wenn da nicht ein reitender Bote käme, ein Gardekürassier des Kaisers, mit einem allerhöchsten Befehl.
(NDR)