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TV-Kritik/Review: "Die Chemie des Todes": Serienadaption nach Simon Beckett bleibt hinter Erwartungen zurück
(28.03.2024/ursprünglich erschienen am 11.01.2023)
Dieser Text wurde anlässlich der Deutschlandpremiere von "Die Chemie des Todes" im Januar 2023 bei Paramount+ erstmalig veröffentlicht.
Gäbe es ihn, dann müsste man den Marketingverantwortlichen hinter
"Die Chemie des Todes" wählt den schnellen Einstieg, serviert uns schon in den ersten Minuten eine bizarr drapierte, stark verweste Frauenleiche, die von zwei Jungen in einem Wald nahe der fiktiven Gemeinde Manham entdeckt wird. Treadaways David Hunter, der für den ansässigen Landarzt Henry Maitland (Lucian Msamati) arbeitet, schaut auf Bitten ihrer Mutter Linda (Anna Andresen) nach den beiden verstörten Kindern und führt anschließend. die Polizei an den abgelegenen Fundort. Obwohl er als forensischer Anthropologe ein Spezialist auf dem Gebiet der Verwesungsprozesse ist und früher Ermittler unterstützt hat, zieht es ihn erst einmal weg von dem auffällig arrangiertem Mordopfer.
Kein Wunder, immerhin leidet Hunter, Kenner von Becketts Büchern wissen das, an einem Trauma, das sich früh in die Handlung hineinfrisst. Flashartige Einschübe zeigen den Protagonisten an einem Strand, wo er Frau und Kind verloren hat. Mehrfach rückt die Kamera nah an das Gesicht des entgeistert dreinschauenden Arztes heran. Geräusche um ihn herum klingen manchmal seltsam dumpf. Und ständig sehen wir ihn demonstrativ durchatmen.
Verarbeitet hat er das Unglück noch lange nicht, daran lässt die Inszenierung von Regisseur Richard Clark (
Der Hang zur Übertreibung, der Hunters backstory wound, das Drama um seine Familie, fast schon etwas nervig erscheinen lässt, drückt sich auch in der Musikuntermalung aus. Fast nie kommt die Serie zur Ruhe. Selbst halbwegs normale Gespräche werden von krampfhaft auf Spannung getrimmten, pumpenden Klängen begleitet. Mit einer durchdachten bedrohlich-nervösen Atmosphäre, wie sie etwa die US-Krimiserie
Wenn sich die Musik ohne Unterlass anstrengen muss, Thrill zu produzieren, kann es um den Ablauf des Plots, den mit weiteren Todesopfern gespickten Monham-Fall nicht allzu gut bestellt sein. In der Tat spult die britisch-deutsche Koproduktion die von DCI McKenzie (Samuel Anderson) geleiteten Ermittlungen, zu denen Hunter nach anfänglichem Zögern beiträgt, uninspiriert herunter und fährt - das ist, ehrlich gesagt, in den Romanen schon so - einige abgegriffene Serienkillermotive auf.
Auch wenn wir hier und da einen Blick in den gutgefüllten Pub des Schauplatzes bekommen, kriegen wir kein Gefühl für den Ort, seine Bewohner und die Verdächtigen. Viel zu skizzenhaft sind die Profile, viel zu flüchtig die Begegnungen. Oberflächlich gestaltet sich nicht zuletzt die Romanze zwischen David und der von Jeanne Goursaud gespielten Dorflehrerin Jenny Krause.
Fragen wirft in diesem Zusammenhang die Entscheidung auf, in der ersten Staffel sowohl "Die Chemie des Todes", das erste Buch der Hunter-Reihe, als auch den zweiten Band "Kalte Asche" unterzubringen. Bereits zu Beginn der dritten von insgesamt sechs Episoden wird uns recht lieblos und hanebüchen die Auflösung für die Morde in Monham präsentiert. Um sich von Selbstzweifeln abzulenken, reist David danach auf die einsame schottische Insel Runa, wo eine verkohlte Leiche die Polizei vor ein Rätsel stellt. Warum packt man zwei Erzählungen gewaltsam zusammen, anstatt sich einer einzigen im Detail zu widmen?
Sei's drum. Der zweite Fall, das muss man nach dem ersten Eindruck lobend hervorheben, versucht etwas leidenschaftlicher, die doch recht ungewöhnliche Arbeit unserer Hauptfigur zu beschreiben. Becketts "Die Chemie des Todes" wurde in einer Zeit veröffentlicht, als sich dank der "CSI"-Serien die ganze Welt plötzlich dafür interessierte, wie forensische Experten allein durch den Zustand einer Leiche und die Beschaffenheit ihrer direkten Umgebung gewinnbringende Erkenntnisse erzielen.
Ein menschlicher Körper beginnt vier Minuten nach dem Tod zu verwesen. Der Körper, einst die Hülle des Lebens, macht nun die letzte Metamorphose durch.
Diese Sätze und ein paar weitere Erklärungen schmeißt uns Hunter in den Einstiegsfolgen über Voice-over-Kommentare wiederholt vor die Füße. Die ebenso aufregenden wie unangenehmen Facetten seines Jobs bleiben uns jedoch häufig verborgen. Vor allem deshalb, weil David den Analysemomenten wegen seines Traumas zunächst stets schnell entfliehen will. Bis zur Halbzeit geht vom Helden trotz seiner tragischen Vorgeschichte kein besonderer Reiz aus. Weder seine emotionale Lage noch sein spezieller Job ziehen einen mit aller Macht in die Serie hinein.
Der Text basiert auf der Sichtung der ersten drei von insgesamt sechs Folgen der ersten Staffel von "Simon Becketts Die Chemie des Todes".
Leserkommentare
addicted4series schrieb am 05.04.2024, 02.22 Uhr:
Wer selber noch niemals eine wirkliche MENSCHLICHE TRAGÖDIE und seine Nachwirkungen miterlebt hat, wird dieser düsteren bzw. sehr realitätsnahen Machart einer Serie nur wenig abgewinnen können. Zudem bedient sich diese Serie keiner reißerischen Klischees, noch Action- oder Sexszenen und auch keiner aberwitzigen Insel-Vorzeigemenschen, mit denen man sich anfreunden möchte. Es werden nach und nach "knallharte" Fakten serviert, wie wenig schmeichelhafte Charaktere enthüllt -
So ein tiefgründiges Serienformat wird selten geboten. Aber leider mag es zutreffen, dass man diese Serie sich kein zweites Mal ansehen muss - denn nach 1x ansehen, liegt alles ganz offen da. Aber ganz klar - nach dem Cliffhanger will man sehen, wie es weitergeht...User 65112 schrieb am 31.03.2024, 10.17 Uhr:
Es kam jetzt in der ARD, also ich fand die Serie gar nicht so schlecht. Wenn man schon viele englische Krimis gesehen hat, reiht sich das mühelos ein. Das ist halt die britische Krimi-Machart, etwas betulich, aber düster und mit starken Charakteren. Fand ich spannend und die schottischen Inseln sind eine tolle Landschaft. Und übrigens: Selbst der beste Film kann nie so gut sein wie ein gutes Buch. Als Autor hat man im Roman ganz andere Möglichkeiten wirklich nah an den Leser ranzukommen, über die Innenwelt der Figuren. Die hast du im Film nicht. Sie haben aber ihre Möglichkeiten wirklich gut genutzt um das Trauma des Protagonisten sichtbar und fühlbar zu machen.User 1820577 schrieb am 30.03.2024, 12.22 Uhr:
Warnung: Reine Zeitverschwendung. Habe mir 6 Folgen reingewürgt, die liegen nun schwerverdaulich in meinem Magen. Spoiler: Glücklicherweise ist eine Fortsetzung nach menschlichem Ermessen wohl ausgeschlossen.Azura79 schrieb am 26.08.2023, 04.48 Uhr:
Leider ist "Die Chemie des Todes" wirklich mit eine der schlechtesten Serien ever. Die Story wäre theoretisch super, aber die Umsetzung ist katastrophal. Mich hat es leider überhaupt nicht gepackt. Die Serie ist weder spannend aufgebaut noch in irgendeiner Weise überraschend. Fesselnd ist was Anderes. Und alles so vorhersehbar. Ich habe die Bücher nicht gelesen, bin also völlig erwartungsfrei da ran gegangen. Mich nervte auch extrem, dass gefühlt alle 5 Sekunden der Tot seiner Familie zur Sprache kam. Und trotzdem weiß ich bis jetzt nicht, wie oder warum Frau und Kind eigentlich gestorben sind. Man sieht ja nur, dass er am Strand telefoniert hat und dann plötzlich liegen Frau und Tochter nass im Sand.... Nein, nie wieder und bestimmt auch keine Fortsetzung dieser Serie.User 1771751 schrieb am 19.03.2023, 15.11 Uhr:
Wer Becketts Thriller liebt, wird hier schwer enttäuscht. So viele unnötige Abweichungen von den Büchern - warum? Diese Frage stellte ich mir von Anfang an: warum gibt es keine Lynn Metcalf? Warum wird David hier als Psycho dargestellt, der keine Leichen sehen kann? Warum muss der Tod von Frau und Tochter so anders sein?
Warum muss Henry schwarz sein und der Pastor eine Frau? Alles Kleinigkeiten, welche absolut unnötig vom Buch abweichen und einem Beckett-Fan das Gefühl geben, es handele sich gar nicht um den Inhalt des Titel-gebenden Buches. Des Weiteren ist die Serie absolut schwachsinnig gekürzt, warum verarbeitet man auch 2 dicke Thriller in 6 kurzen Serienepisoden- das kann doch nur schiefgehen!
Schade dass Simon Beckett die Rechte für seine Werke für eine derartige Verunstaltung hergegeben hat, bis zum Schluss der 6. Episode ärgert man sich über die Macher.
Sollte es eine Staffel 2 geben, würde ich diese nicht mehr schauen- Zeitverschwendung.Oli M schrieb am 14.02.2023, 21.48 Uhr:
Also ich hab jetzt mal die 5 Folgen durch.
Soooo schlecht is es jetzt auch nicht.
Ich kenn die Bücher aber auch nicht. Vielleicht ist das mal wieder ein Vorteil.
Ist die 1. Staffel mit Folge 5 vorbei oder kommt noch mehr? Ansonsten wäre das Ende ja mal mehr als ein Cliffhanger.User 1762871 schrieb am 15.01.2023, 21.11 Uhr:
Gerade die erste Folge gesehen und kann erstmal die Kritik nicht nachvollziehen. Drastischer Anfang mit nachfolgendem Aufbau der Figuren. Insgesamt bisher gut umgesetzt. Die Besetzung ist zumindest nicht falsch. Bin gespannt wie es weiter geht.
Die Bücher hab ich vor langer Zeit gelesen, sodaß die Verfilmung für mich "gefühlt" wie eine neue Story ist, bei der nur kleine Erinnerungen zur Handlung aufblitzen.
Dass es immer Wichtigtuer gibt die etwas sagen, das direkt deren seichtes Gemüt widerspiegelt, ist doch klar. Wer hat denn gesagt dass die Serie gefloppt ist? Dazu eine Buchverfilmung verteufeln? Klar,... Harry Potter Filme, Herr der Ringe waren ja auch soooooooo schlecht, dass die Kinokassen nur geklingelt haben. @Spencer... Du "hielst" die Besetzung "krass Fehlbesetzt"? Weil man sich jemanden anderes vorgestellt hat? Ohmann,... klar.... ja dann darfst Du halt keine Verfilmungen anschauen bevor Du einn Buch gelesen hast.FFrank schrieb am 14.01.2023, 14.50 Uhr:
...ich fand die 1. Folge sehr gut und freu mich auf mehr. Punkt.Kai72 schrieb am 12.01.2023, 14.12 Uhr:
Hab die ersten zwei Bücher gelesen und ich werde mir auch die Serie antun und mir ein eigenes Bild machen und nicht aufeure Kritik hören.User 65112 schrieb am 31.03.2024, 10.12 Uhr:
bei einem professionellen Kritiker sollte man aber davon ausgehen, dass der sich mit der Materie auskennt und eine fundierte Einschätzung geben kann. Da sollte es nicht um reinen Geschmack und Vorlieben gehen, sondern es gibt gewisse objektive Kriterien. Das ist der Unterschied zwischen einer Laien-Kritik und der eines Profis.sois74 schrieb am 12.01.2023, 20.35 Uhr:
Du solltest dir immer ein eigenes Bild machen und nicht auf irgendwelche Kritiken hören. Du kennst doch diese Person nicht, die das geschrieben hat. Also jeder Mensch hat seinen eigenen Geschmack, seine Vorlieben etc.Spenser schrieb am 11.01.2023, 17.59 Uhr:
Das es gefloppt war, wundert mich nicht! Manche geniale Romane kann man nicht filmisch umsetzen...zumal hielt ich den Schauspieler für David Hunter auch für eine krasse Fehlbesetzung! Bei den Lesern der Romanreihe spukte bei jedem sicher immer ein bestimmter Schauspieler im Kopf herum und da kann eine generelle Auswahl letztendlich nur enttäuschen. Ich werde es mir auch nicht ansehen, lese lieber die genialen Romane noch einmal.sois74 schrieb am 12.01.2023, 20.39 Uhr:
Wie kannst du etwas bewerten, was du gar nicht anschauen wirst? Generell kann ein Roman gar nicht mit einer Serien- oder Filmadaption verglichen werden, da es sich schlicht und einfach gesagt um verschiedene Medien handelt. Das das nicht verstanden wird, werde ich nie begreifen...Fernsehschauer schrieb am 11.01.2023, 19.17 Uhr:
Wie kann es vor Start floppen? Merkwürdige Ansicht.
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