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TV-Kritik/Review: The Following
(08.04.2013)
Kevin Williamson hat mit
Im Zentrum steht dabei ein Duell: Ryan Hardy gegen Dr. Joe Carroll. Hardy, der Gute, war mal beim FBI, verbiss sich in den Fall des Serienkillers Dr. Carroll, den er schließlich fasste, nicht ohne jedoch von jenem noch ein Messer ins Herz gerammt zu bekommen. Seither ist Hardy auf einen Herzschrittmacher angewiesen. Er kommt schnell aus der Puste: eine ideale dramaturgische Grundvoraussetzung für diverse beklemmende Verfolgungsjagden. Inzwischen allerdings fristet Hardy, der auch ein Sachbuch über diesen Fall geschrieben hat, sein vom FBI beurlaubtes Dasein als melancholischer Loner: Mit Zweitagebart (lies: quasi verlottert) vegetiert er in einer unglaubwürdig riesigen Loft-Wohnung in Brooklyn vor sich hin, natürlich hat er auch ein Alkoholproblem. Zum Glück wird dieses relativ abgehalfterte Klischeebild eines derangierten Ex-Cops vom stets sehenswerten Kevin Bacon verkörpert: Als Schmerzensmann mit waidwundem Blick und reduziertem Spiel sorgt er für die erfreuliche Rest-Authentizität seiner Figur. Mit verwundeten Charakteren kennt sich Bacon aus, seit er sich mit an die Nieren gehenden Filmen wie "The Woodsman" oder "Mystic River" vom alten "Footloose"-Image löste.
Hardys Gegner, den Bösen, spielt, wie es sich in Amerika gehört, ein Brite. James Purefoy kennt man aus vielen BBC-Filmen, im Serien-Universum aber vor allem aus der schweißglänzenden HBO-Antiken-Oper
Diese Grundkonstellation wird in Rückblenden sukzessive entblättert. In der Jetzt-Zeit der Serie bricht Carroll dann sofort aus seinem Gefängnis aus, gleich zu Beginn der ersten Episode. Das FBI ruft panisch den eigentlich geschassten Hardy zurück, woraufhin sich Carroll prompt ergibt. Alles also schon vorbei? Nein - das ist natürlich ein perfider Trick. Denn Claires Söhnchen Joey wird entführt, und schnell stellt sich heraus, dass der Psychopath die zehn Jahre im Knast dazu genutzt hat, ein ganzes Netzwerk an "Jüngern" aufzubauen, die ihm hörig und schon lange eifrig darum bemüht sind, das Mordwerk ihres Meisters nach Kräften zu unterstützen.
Ein Thrill Kill Cult im Geiste Charles Mansons - so in etwa kann man sich das vorstellen (Manson wird ebenso wie David Koresh und Jim Jones explizit erwähnt), und die durchaus paranoide Grundspannung der ersten Folgen transportiert sich vor allem darüber, dass noch nicht klar ist, wie groß das sektenartige Netzwerk des Serienmörders am Ende überhaupt sein könnte. Während Carroll immer wieder dabei gezeigt wird, wie er Hannibal-Lecter-mäßig im Hochsicherheitsgefängnis sitzt und dort sinister grinsend ominöse Andeutungen macht, beleuchtet die Serie erst einmal drei seiner Handlanger: Da ist zunächst Emma (von eisiger Arglosigkeit und ziemlich gut: Valorie Curry), die sich als Nanny des kleinen Joey in Claires Haus einschlich und dort als Hand an der Wiege das Schlimmste vorbereitet. Ihr Lover Jacob (Nico Tortorella) legte sich derweil mit dem Sekten-Kollegen Paul (Adam Cantor) die Fake-Identität eines schwulen Paars zu, das neben Sharon einzieht (nur in Folge eins:
Gegen dieses multisexuell verstrahlte Trio Infernal wirkt der rechtschaffene Rest des Serien-Casts eher blass: Dem ermittelnden Hardy werden die konventionell taffe FBI-Sektenspezialistin (Annie Parisse aus
Erstens fällt auf: Es geht brutal zu. Eine Jüngerin rammt sich beispielsweise einen Eispickel ins Auge, ein Mann wird in Brand gestreckt, und ein weiteres Kultmitglied erstickt sich selbst an einer Mullbinde. Der Schnitt sorgt dafür, dass die Bluttat als solche jeweils nicht zu sehen ist, sich das Grauen dafür aber umso nachdrücklicher in der Phantasie abspielt (unterstützt durch eine gnadenlose Tonspur): Das ging bei FOX wohl gerade noch so durch, ist aber trotzdem nichts für Zartbesaitete vorm Schlafengehen. Zweitens: Vor allem der Darstellung von Bacon und Purefory ist es zu verdanken, dass hier manches nicht ins allzu Lächerliche abdriftet. Vor allem der Poe-Tick des Killers nervt: Als College-Professor verzückt Carroll die Jugend der Nullerjahre mit den Versen des früh verstorbenen Gruselschreibers aus Boston (natürlich werden immer nur seine bekanntesten Zeilen reklamiert), seine Untaten zitieren die (bekanntesten) Stories Poes, und auch die Jünger halten sich sklavisch an diese Obsession: Mörder in Poe-Maske oder mit Poe-Tätowierungen, und als an einem der Tatorte dann blutig "Nevermore!" an der Wand steht, braucht ausgerechnet Carroll-Biograf Hardy ewig, um dieses berühmteste Wort aus dem berühmtesten aller amerikanischen Gedichte mit dem Poe-Fan Carroll in Verbindung zu bringen. Nachsitzen, Herr Agent! In solchen Momenten fällt es schwer, noch ernsthaft bei der Sache zu bleiben - vor allem, wenn jede zweite Szene von betagten Nu-Metal-Nummern unterlegt wird. Sowas hören sie wohl, die Sektenjünger.
Jüngst orderte FOX eine zweite Staffel von "The Following", aber ob die Grundkonstellation auf Dauer trägt, scheint mir nicht ganz sicher. Gelingt es den Autoren, die Komplott-Paranoiaschraube weiter anzuziehen? (Da ist noch ziemlich viel Luft nach oben.) Welche Funken lassen sich aus der rachegrundierten Beziehung zwischen Carroll und Hardy schlagen? (Bisher läuft da noch nicht viel.) Gewinnen die Ermittler ein Eigenleben? Hält Hardys Herzschrittmacher? Kommt er wieder mit der um ihren Sohn bangenden Claire zusammen? Wäre das überhaupt interessant? Einige gute Ansätze gibt es immerhin in dieser kompetent und grundsolide inszenierten, leider auch etwas dialogschwachen Thrillerserie: Am Ende der dritten Folge zum Beispiel zeigt sich, dass die drei Entführer dem kleinen Joey die Freude am Töten beibringen möchten und Beweisvideos der ersten Unterrichtsstunde an dessen Mutter schicken. Solche Gemeinheiten könnten den Unterschied ausmachen in einer Serie, der auf jeden Fall Mut zur Konsequenz zu wünschen ist.
Dieses Review basiert auf der Sichtung der ersten drei Folgen von "The Following".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: FOX
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