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Serie um vier Mitglieder von Mexikos erster weiblicher Polizeieinheit kann sich noch steigern.
Ángeles (Ximena Sariñana), María (Bárbara Mori), Valentina (Natalia Téllez) und Gabina (Amorita Rasgado, v. l. n. r.) gehören zu den ersten Polizistinnen Mexikos.
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TV-Kritik/Review: "Women in Blue": Ins Herz der Machokultur/Apple TV+

Gewalt gegen Frauen, Sexismus, Diskriminierung und Machtmissbrauch waren früher oftmals nur unterhaltender Bestandteil in Filmen und Serien, wurden nicht weiter hinterfragt. Inzwischen hat sich der Wind, zum Glück, gedreht. Immer häufiger geraten die Unterdrückungsmechanismen des Patriarchats und die Ungleichbehandlung in den Blick der Macher. Der Eifer, auf toxische Strukturen hinzuweisen, führt manchmal zwar, etwa im Fall des Marvel-Neunteilers  "She-Hulk: Die Anwältin", zu arg thesenhaften Werken, die dem Publikum in gefühlt jedem Dialog ihr Thema und ihre Message einhämmern wollen. Sozialkritik und Spannung lassen sich aber sehr wohl gewinnbringend verbinden, wie die mexikanische Apple-Produktion  "Women in Blue" beweist. Auch wenn die auf Spanisch gedrehte, von realen Ereignissen inspirierte Krimiserie nicht gerade mit dem feinsten Pinsel malt, lassen die ersten beiden Episoden auf einen interessanten Kurs hoffen.

Mit den Frauen in Blau aus dem internationalen Titel - im Original heißt das Ganze schlicht "Las Azules", also "Die Blauen" - ist die erste weibliche Polizeieinheit Mexikos gemeint, die, so zeigt es zumindest die Serie, im Jahr 1971 ins Leben gerufen wurde. Was Polizeichef Emilio Escobedo (Christian Tappán) in einer Fernsehshow vollmundig als inklusiven Akt der neuen Regierung verkauft, ist in Wahrheit ein Ablenkungsmanöver. Da die Berichterstattung über einen in Mexiko-Stadt umgehenden Serienmörder namens "Der Entkleider" und die Kritik an fehlenden Ermittlungserfolgen überhandzunehmen drohen, soll der öffentliche Fokus auf ein anderes Thema gelenkt werden. Das erfährt der Zuschauer, im Gegensatz zu den vier Frauen im Zentrum der Geschichte, schon zu Beginn. Ob dieses Mehrwissen dramaturgisch sinnvoll ist? Schwer zu sagen. Auf jeden Fall beraubt es "Women in Blue" um einen Überraschungsmoment zu einem späteren Zeitpunkt.

Wie nicht anders zu erwarten, sind die Protagonistinnen völlig unterschiedlich, haben jeweils ganz eigene Gründe, um dem Aufruf für die Wie-werde-ich-im-Schnelldurchlauf-Polizistin-Ausbildung zu folgen. María (Bárbara Mori) führt eigentlich ein sorgenfreies Leben als Hausfrau und Mutter. Ihre Welt wird allerdings erschüttert, als sie erfährt, dass ihr Ehemann Alejandro (Leonardo Sbaraglia) sie betrügt. Haltung wahren, die Familie nicht gefährden - so ist ihre erste Reaktion, wobei ein imaginierter Ausraster offenbart, wie es in ihrem Inneren wirklich aussieht. Nach einem Gespräch mit ihrer rebellischen Schwester Valentina (Natalia Téllez), die sich für das Programm bewerben will, um den Polizeiapparat von innen zu verändern, setzt bei María ein Sinneswandel ein. Obschon erwähnt wird, dass sie in jungen Jahren Detektivin werden wollte, wirkt es dennoch etwas willkürlich, wenn sie plötzlich ihren Koffer packt, um sich in eine Gesetzeshüterin verwandeln zu lassen.

Alejandro (Leonardo Sbaraglia) unterstützt seine Ehefrau María (Bárbara Mori) zunächst bei ihrer neuen Herausforderung.
Alejandro (Leonardo Sbaraglia) unterstützt seine Ehefrau María (Bárbara Mori) zunächst bei ihrer neuen Herausforderung. Apple TV+

Neben María und Valentina ergreift auch die aus einer Polizeifamilie stammende Gabina (Amorita Rasgado) die Chance, sich weiterzuentwickeln. Und das gegen den Willen ihres herrschsüchtigen Vaters, eines hochrangigen Beamten, der klarmacht, wo sie seiner Meinung nach hingehört: nach Hause zu ihrer Mutter. Die Vierte im Bunde ist die rationale, gleichzeitig strenggläubige Ángeles (Ximena Sariñana), eine Spezialistin für Fingerabdrücke, deren Eltern ermordet wurden und die mit ihrer Großmutter zusammenwohnt. Vor allem diese Figur fühlt sich in den ersten beiden Episoden noch nicht sehr plastisch an, bleibt dem Klischee der bebrillten, sozial inkompetenten Analytikerin verhaftet. Hoffen wir, dass die Serie hier nachlegen kann! Ein wenig stereotyp erscheint zudem der wegen Disziplinlosigkeiten aus dem Polizeidienst entlassene, als Ausbilder für die Fraueneinheit aber zurückgeholte Octavio Romandía (Miguel Rodarte), der die Kadettinnen ein straffes Drilltraining durchlaufen lässt - eingefangen in Split-Screen-Montagen, die mit beschwingter Musik unterlegt sind.

Heitere Momente gibt es immer mal wieder. "Women in Blue" nimmt die Grundthematik jedoch nicht auf die leichte Schulter. Schon in den ersten Minuten etablieren die Macher rund um Fernando Rovzar ( "Monarca") und Pablo Aramendi ("All Wrong") über einen Fall sexueller Belästigung am Arbeitsplatz die zu Beginn der 1970er-Jahre herrschende Machokultur. Frauen sind für die Kinder und für das Essen da, sollen gegen ihre Rolle nicht aufbegehren und dürfen, so glauben nicht wenige Männer, ungefragt angefasst werden. Erschreckend ist nicht zuletzt, wie weit diese ungeschriebenen "Gesetze" ins weibliche Denken eingesickert sind. Während es María angeblich nicht zusteht, aus ihrem Leben auszubrechen, entschuldigt ihre Mutter Alejandros Affäre lapidar. Die Herren der Schöpfung bräuchten halt hin und wieder eine Auszeit. Von Gleichberechtigung keine Spur!

Valentina (Natalia Téllez) scheut nicht die Konfrontation mit den männlichen Kollegen.
Valentina (Natalia Téllez) scheut nicht die Konfrontation mit den männlichen Kollegen. Apple TV+

Konzentriert treten der Sexismus und die Misogynie in der mexikanischen Gesellschaft im durch und durch männlichen Polizeisystem zu Tage. Behördenchef Escobedo ist einzig an für ihn und den Präsidenten vorteilhaften Narrativen interessiert, will Gabina zur Heldin einer Tradition feiernden Titelstory machen. Dass er die Arbeit der erfolgreich ausgebildeten Gesetzeshüterinnen nicht für vollnimmt, zeigt schon eine Anweisung, die er ihnen am ersten Tag mit auf den Weg gibt: Immer lächeln! Männer im Streifendienst würde so etwas nie zu hören kriegen. Weitere Indizien für die Herablassung, die María und Co entgegenschlägt: Waffen erhalten sie vorerst nicht, was angeblich bürokratische Gründe hat. Und ständig werden sie von den Kollegen mit Kosenamen à la "Schätzchen" angesprochen. Nicht selten zeigen sich die Machtverhältnisse dadurch, wie die Figuren im Raum positioniert sind. Gabinas unnachgiebiger Vater sitzt als Familienoberhaupt am Kopf des Tisches. Ausbilder Romandía steht deutlich erhoben auf einer Bühne, als er die Kadettinnen zum Start des Programms mit abschreckenden Worten begrüßt.

Der in der Gesellschaft tief verankerte misogyne Blick vernebelt, wenig verwunderlich, auch die Ermittlungen im Fall des Serienkillers, bei dem es sich um eine extreme Ausprägung der frauenfeindlichen Stimmung handelt. Exemplarisch ist das Verhalten eines Polizisten mit Elvis-Frisur, der eine Dame brüsk abweist, die ihre Schwester als vermisst melden will. Selbstredend ist diese das nächste Opfer des unheimlichen Mörders, dessen Fährte unsere vier Protagonistinnen verbotenerweise aufnehmen. Als Krimi hantiert "Women in Blue" bislang zumeist mit vertrauten Bausteinen: Druck von oben und ein aus dem Hut gezauberter Verdächtiger, der als Bauernopfer dienen soll, kennt man aus vielen anderen Genrearbeiten. In Kombination mit den opponierenden Hauptfiguren und ihren privaten Schicksalen, die hoffentlich weiteren Feinschliff erhalten, könnte die Serie jedoch noch einiges an Dringlichkeit entwickeln. Dass manche Dialoge etwas zu explizit geraten, darüber ließe sich dann auch viel leichter hinwegsehen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten zwei von insgesamt zehn Folgen der Serie "Women in Blue".

Meine Wertung: 3/5

Die ersten beiden Folgen der Serie "Women in Blue" sind ab dem 31. Juli auf Apple TV+ verfügbar. Anschließend wird jede Woche eine neue Episode veröffentlicht.


 

Über den Autor

  • Christopher Diekhaus
Christopher Diekhaus, Jahrgang 1985, erlebte seine TV-Sozialisation in den 1990er-Jahren. Seine echte Liebe für den Flimmerkasten entbrannte allerdings erst gegen Ende der Schulzeit. Nach seinem Studium landete er zunächst in einer Film- und Fernsehproduktionsfirma. Seit 2013 schreibt Christopher als Freiberufler Film- und Serienkritiken. Das Portal fernsehserien.de unterstützt er seit Ende 2019. Im Meer der Veröffentlichungen die Perlen zu entdecken – diese Aussicht spornt ihn immer wieder an. Insgeheim hofft er, irgendwann eines seiner in der Schublade liegenden Drehbücher zu verkaufen. Bis er den Oscar in Händen hält, sichtet und rezensiert er aber weiter fleißig die neuesten Serien.
Lieblingsserien: Devs, Lass es, Larry!, Severance

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