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TV-Kritik/Review: "Für alle Fälle Familie" in Sat.1: Wohlfühl-Bällchen oder mehr vom selben?
(07.10.2024)
Sat.1 setzt auf "Für alle Fälle ..." - Nein, keine Stefanie weit und breit. Die Wohlfühl-Offensive am Vorabend bringt nicht die Rückkehr der langjährig für den Bällchensender erfolgreichen Krankenschwester mit sich. Stattdessen nimmt man sich mit der mittlerweile vierten Vorabendserie eines Klassikers der 1980er Jahre an: der Familienserie. Immer wieder totgesagt und von ARD und ZDF zugunsten von "SOKOs" und "WaPos" schon längst sträflich vernachlässigt, zeigt die neue tägliche Sat.1-Serie
Gut, man könnte natürlich unken, die neue Strategie von Sat.1 am Vorabend sei "Einschalten zum Abschalten", ein Next Level an fiktionalem Bügelfernsehen, bloß nichts fordern, bloß nicht anecken. Aber seien wir doch mal ehrlich: Wie viel herausfordernder sind denn die wochentäglichen Kriminalfälle der "SOKOs" von Hamburg bis Linz? Vergessen wird dabei, dass eine nette Serie zum Runterkommen nach dem Arbeitstag gar nichts Schlechtes sein muss - solange sie eben nicht mit mäandernder Ereignislosigkeit und kaum wahrlich präsenten Hauptfiguren daherkommt.
Schlüssel zum Erfolg ist hier eine ganz einfache Frage: Halte ich mich bei diesen Figuren gerne auf und gucke ich ihnen gerne bei ihrem sicher nicht unbedingt außerordentlichen Alltag zu? Netterweise lässt sich nach der ersten Folge von "Für alle Fälle Familie" diese Frage mit "Ja!" beantworten - zumindest weitgehend. Dennoch ist aber natürlich auch dieses Bällchenprodukt irgendwo zwischen Soap und Telenovela einer recht vorhersehbaren Schablone entsprungen: Eine Frau braucht nach dem Drama in der Großstadt einen Neuanfang und den findet sie, wo auch sonst, in der Kleinstadt ihrer Jugend.
Die Anwältin Jule (Anna Angelina Wolfers) lässt Frankfurt und die gescheiterte Ehe mit einem gewissen, in Folge 1 nur als Handyscreen sichtbaren, Stefan hinter sich, schnappt sich ihren fast schon erwachsenen, aber dennoch Teddy-Bettwäsche, Kakao und nicht von der Mama zerzauste Frisuren liebenden Sohn Theo (Aurel Klug) und ergattert in ihrer alten Heimat Sonnenstein im malerischen Moseltal ihren Traumjob. Fortan ist sie als Richterin am Familiengericht tätig und wird dabei wohl, zur Enttäuschung des Sprösslings, eher niemanden in den Knast bringen.
Für zwei potenzielle Love Interests ist natürlich ebenfalls sofort gesorgt! Aber wer soll denn nun ihr Herzblatt sein? Kandidat 1, der knuffige Polizist Marco (Arne Löber), ein Freund aus Jugendtagen, der ihr nicht nur jede Toilette reparieren kann, sondern sie auch noch vor betrunkenen Radl-Ausflügen nach ausgiebigen Abenden in der Weinstube abhält und praktischerweise im Nachbarhaus ziemlichen Ärger mit seiner Ehefrau hat? Oder Kandidat 2, der Anzug-tragende Anwalt Chris Hartmann (Kai Albrecht), der sich für besser aussehend hält, als er vermutlich ist, seinen Dayjob offenbar weniger liebt als den perfekten Golfschläger und unangemessene Flirt-Attacken in Richterzimmern niemals aus dem Weg gehen würde? Oder ist es Kandidat 3 ... gut, der ist noch nicht da, aber 79 Folgen kommen in dieser Staffel ja noch.Tatsächlich harmonieren Hauptdarstellerin Anna Angelina Wolfers und die beiden zur Wahl stehenden Jungs sehr gut miteinander, was die Qual der Wahl nicht nur für die Richterin, sondern auch für die Zuschauer auf längere Sicht bedeutet. Insgesamt verhilft Wolfers der zentralen Figur zu einer Ungezwungenheit und Leichtigkeit, die eine Wohltat ist, gerade verglichen mit den chronischen Bedeutungsschwangerschaften, die den Zuschauern immer wieder bei den noch verbliebenen Telenovelas begegnen. Jule hat offenbar einiges hinter sich, lässt es aber nicht ihren Alltag dominieren und freut sich tatsächlich über den Neuanfang. Die Hauptdarstellerin gibt der Figur mit ihrem Spiel zu Ecken und Kanten, die auf den Drehbuchseiten sicher nicht derart ausgeprägt sind.
Die Qualität als Stehaufmännchen hat Jule offenbar von Mama Inga Hambacher geerbt, ein wandelnder Sonnenschein - was natürlich auch auf Schauspielerin, Sängerin und Moderatorin Isabel Varell zutrifft, sodass man hier schon von der Idealbesetzung sprechen muss. Wenn Jule, Inga und Theo sich nur ein bisschen seltener mit blitzenden Zähnen anstrahlen würden, als es Models in gängiger Zahnpasta-Werbung tun, wäre der Glaubwürdigkeit aber doch ein gutes Stück weitergeholfen. Prinzipiell ist die kleine Drei-Generationen-Familie nämlich durchaus sympathisch.
Was "Für alle Fälle Familie" in der Auftaktfolge ebenfalls deutlich besser macht als "Die Landarztpraxis", ist die klarer umrissene Struktur: Natürlich wartet sofort ein dringender erster Fall auf Richterin Jule, die hier auch tatsächlich gleich glänzen kann. Da sie ihr erstes Scheidungsverfahren ernst nimmt und nicht einfach nur durchwinkt, hat die Liebe in Sonnenstein vielleicht noch eine Chance! Die Scheidung dann aber eben vielleicht keine mehr. Dies gefällt auf den ersten Blick nicht unbedingt Maria Böhm (Julia Schmitt), der strengen Direktorin des Amtsgerichts. Doch auch sie scheint von Jule irgendwie beeindruckt zu sein. Als Unsympath mit Chance auf Besserung tritt dagegen der Richter Dr. Robert Hagen (Martin Armknecht) in Erscheinung, der Dankbarkeit für Jules kompetente Vertretung vermissen lässt - und Verständnis dafür, dass es sogar gleich zwei Frauen in Führungspositionen an einem Amtsgericht geben kann, ebenfalls.
Wird Jule auch ihre nächsten Fälle mit so viel Bravour lösen? Wird Chris sie jemals mit einem Golfwagen vom Gericht abholen? Wird Theo an seiner neuen Schule tatsächlich Freunde finden? Wird der im Teaser für die nächste Folge angekündigte Bruder Daniel (Stefan Hartmann) sich als das schwarze Schaf der bislang extrem heilen Kernfamilie entpuppen? Wird Polizist Marco jemals in Uniform eine Toilette reparieren? Die kleinen Fragen des Lebens sind in diesem Format eben die etwas größeren. Dummerweise ist das vielleicht gar nicht so weit von der Realität entfernt: Unser oftmals an Banalität kaum zu überbietende Alltag ist nunmal immer wieder voll von emotionalen Ausnahmezuständen. Wenn "Für alle Fälle Familie" noch ein wenig an sich arbeitet, könnte man diesen Gegensatz recht wirkungsvoll und recht farbenfroh abbilden.
Auf andere Unnötigkeiten wird man aber leider wohl kaum verzichten, da man es auch bereits bei den anderen Serien am Bällchen-Vorabend nicht wollte. Da wäre die endlose Litanei bereits zu Tode gehörter Radiosongs, bei der man sich gerade angesichts der malerischen Landschaft immer wieder einen instrumentalen Score sehnlichst wünscht. Oder der Off-Monolog von Jule, der jeden auch noch so kleinen romantischen Anflug zwischen den Figuren sofort in Grund und Boden kommentiert. Damit tut man weder dem Format an sich einen Gefallen noch Anna Angelina Wolfers, die durchaus imstande ist, alles, was da monologisiert wird, mit ein, zwei Gesichtsregungen auszudrücken. Und sollten die Zuschauer noch wach sein, sehen sie diese auch. Teilweise sogar in HD! Versuch es mal, Sat.1! Einige Zuschauer gucken sogar bei vermeintlichem Bügelfernsehen genau hin und passen auf! Auch wenn das Verantwortliche kaum je glauben möchten.
Überraschend an "Für alle Fälle Familie" ist, wie sehr das Format inhaltlich Familienserien aus den 1980er oder 90er Jahren ähnelt. Stellt man sich das Ganze mal kurz in 4:3, mit anderen Klamotten und körnigem Filmmaterial vor, fühlt man sich auf der reinen Handlungsebene weitgehend in die Anfangszeiten von
Wem dieser inhaltliche Retro-Ausflug also nichts ausmacht oder wer ihn vielleicht sogar sucht, der ist hier vermutlich genau richtig. Deutlich besser als "Die Landarztpraxis" oder
"Für alle Fälle Familie" ist ab dem 7. Oktober immer montags bis freitags um 18.00 Uhr in Sat.1 zu sehen. Seit vergangenem Freitag sind die ersten fünf Folgen außerdem bereits auf Joyn vorab abrufbar.
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