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TV-Kritik/Review: Layla, Ikke, Mickie & Co: ZDF-Doku "Partyschlager" gibt spannende Einblicke in unterschätztes Multi-Millionen-Business

Dreiteiler begleitet Mallorca-Stars wie Isi Glück und Mia Julia auf und abseits der Bühne
(v. l.) Isi Glück, Mickie Krause und Lorenz Büffel gehören zu den größten Stars der Partyschlager-Szene
ZDF/Collage: Holger Hauff
TV-Kritik/Review: Layla, Ikke, Mickie & Co: ZDF-Doku "Partyschlager" gibt spannende Einblicke in unterschätztes Multi-Millionen-Business/ZDF/Collage: Holger Hauff

Ob  "Die Feste mit Florian Silbereisen",  "Die Giovanni Zarrella Show", der  "ZDF-Fernsehgarten" oder  "Immer wieder sonntags": Schlager ist im deutschen Fernsehen eigentlich sehr präsent. Eine bestimmte Stilrichtung findet dort aufgrund wenig familientauglicher Texte jedoch kaum statt, obwohl sie sich deutschlandweit immer größerer Beliebtheit erfreut und aktuell einen Umsatz von einer halben Milliarde Euro pro Jahr generiert: der Partyschlager. Ein ausführlicher Doku-Dreiteiler, den Spiegel TV für das ZDF produziert hat, nimmt das Multi-Millionen-Business unter die Lupe und gewährt spannende Einblicke hinter die Kulissen der Branche. Alle drei je 45-minütigen Teile von  "Partyschlager" sind bereits in der ZDFmediathek abrufbar und werden linear am Mittwoch, den 7. August ab 20.15 Uhr bei ZDFinfo ausgestrahlt.

Die Dokumentation beleuchtet, wie die bierlaunigen Ohrwürmer entstehen und wer die Menschen hinter dem Rampenlicht sind. Sie bewegt sich dabei zwischen Bühnenauftritten, Songproduktionen im Studio und Momenten, die die Künstler abseits der großen Partys zeigen. Das rund 30-köpfige Team von Summerfield Records, eine der beiden größten Produktionsfirmen im Partyschlager-Segment, trifft sich im November 2023 auf einer abgelegenen Berghütte in Österreich zu einem sogenannten Songwriting Camp, um an den nächsten potenziellen Hits zu feilen.

Matthias Distel alias Ikke Hüftgold, der nach einer Schnapsidee vom Garten- und Landschaftsbauer zu einem der erfolgreichsten Partyschlager-Produzenten wurde, sagt: Die Songs sind auf den ersten Blick sehr einfach. Auf den zweiten Blick liegt aber gerade in dieser Einfachheit auch die Kunst: Die Worte mit der Melodie so zu kombinieren, dass die Leute einfach gar nicht anders können, als sie mitzugrölen.

Auftritt von Ikke Hüftgold bei einem Dorffest
Auftritt von Ikke Hüftgold bei einem Dorffest ZDF/Jasper Engel

Mike Rötgens vom zweiten großen deutschen Partyschlager-Label Xtreme Sound erläutert, dass es nicht schaden würde, als Partyschlager-Sänger halbwegs singen zu können. Viel entscheidender sei jedoch die Fähigkeit, die Leute zu entertainen und Spaß rüberzubringen.

Musikwissenschaftler Prof. Gregor Herzfeld, der an der Universität Regensburg lehrt und sich wissenschaftlich mit Partyschlager beschäftigt, erläutert: Partyschlager haben ein gewisses Tempo. Der Text und die Melodie sind darauf ausgelegt, so einfach zu sein, dass es jeder mitsingen und auch mitgrölen kann. Was aber nicht heißt, dass es zu einfach und zu banal sein darf. Dann wäre der Partyschlager-Song nämlich wieder zu langweilig. Das Publikum habe sich in den vergangenen Jahren gewandelt: Waren es vor einigen Jahren noch vorwiegend junge bis mittelalte Männer, die angesprochen wurden, sei die junge weibliche Fanbase stark gewachsen.

Isi Glück gehört zu den beliebtesten Partyschlager-Sängerinnen der jungen Generation.
Isi Glück gehört zu den beliebtesten Partyschlager-Sängerinnen der jungen Generation.ZDF/Fritz Fechner

Isi Glück, die in den vergangenen Jahren zu einer der populärsten Partyschlager-Sängerinnen wurde, erklärt: Man muss diesen Job lieben, mit Haut und Haaren. Ansonsten kannst du ihn einfach nicht machen. Finanziell sei es durchaus lukrativ: Man kann gut verdienen, man muss sich das aber auch hart erarbeiten. Anfangs trete man manchmal ganz ohne Geld auf. Mit steigendem Bekanntheitsgrad steigere sich aber entsprechend auch die Gage. Die Auftritte selbst seien ein großer Spaß, zu schaffen macht den Künstlern vor allem das viele Reisen unter Zeitdruck. Top-Acts wie Isi Glück haben an manchen Samstagen bis zu vier Auftritte an vier unterschiedlichen Orten. Dazwischen liegen mehrere hundert Kilometer Autofahrt in einem eng getakteten Terminkalender.

Die Dokumentation zeigt, wo überall Partyschlager stattfindet: in Après-Ski-Hütten, auf Oktoberfesten, im Karneval, auf Dorffesten und natürlich auf Mallorca. Deejay Biene macht einen Rundgang durch die Schinkenstraße und die bekanntesten Lokalitäten: den Bierkönig, den Megapark, das Oberbayern und das Bamboleo. Es wird auch ein Vergleich gezogen zwischen den grenzenlosen Alkoholexzessen am Ballermann in den 1990er Jahren und dem gegenwärtigen Zustand, an dem viel strengere Regeln herrschen. In diesem Jahr haben die Behörden sogar ein absolutes Alkoholverbot am Strand und auf den Straßen verhängt.

Party-Veteran Mickie Krause lässt sich vom Publikum feiern.
Party-Veteran Mickie Krause lässt sich vom Publikum feiern.ZDF/Fritz Fechner

Mickie Krause und Peter Wackel zählen zu den Veteranen, die vor rund 25 Jahren die ersten Hits des Genres landeten, das man heute als Partyschlager bezeichnet. Im Gegensatz zum traditionellen Schlager funktioniere Partyschlager auch im Streaming und generiere dort Abrufe in Millionenhöhe. Dies sei laut Produzent Mike Rötgens auch darauf zurückzuführen, dass Partyschlager weder im Radio noch im Fernsehen stattfindet. Aber: Jeder kennt die Musik, keiner gibt's zu. Die exorbitanten Streaming-Abrufe im Millionenbereich haben inzwischen dazu geführt, dass viele Mallorca-Hits, darunter auch einige ältere, mit goldenen Schallplatten ausgezeichnet werden, wie Peter Wackel erläutert.

Top-Verdiener wie Ikke Hüftgold und Isi Glück rechnen allein in diesem Jahr mit Einnahmen in Höhe von jeweils 1,5 Millionen Euro. Sehr offen gibt Summerfield Records auch Auskunft über die Gagen für einzelne Künstler. Diese liegen bei Nachwuchsacts zwischen 2.000 und 5.000 Euro, während bei Ikke Hüftgold pro 45-Minuten-Auftritt aufgrund seiner Popularität zwischen 20.000 und 30.000 Euro veranschlagt wird. Besonders beliebt sind Partyschlager-Großveranstaltungen wie das Mallorca Sommer Festival und die Olé-Party-Tour in Deutschland, die vor bis zu 35.000 Besuchern ein ganztägiges Programm mit einem Line-Up aus 15 bis 20 Party-Acts bieten. Insgesamt gibt es aktuell rund 2.500 Partyschlager-Veranstaltungen pro Jahr mit einem Gesamtumsatz von 250 Millionen Euro.

35.000 Besucher bei der Großveranstaltung "Olé auf Schalke" in der Gelsenkirchener Arena
35.000 Besucher bei der Großveranstaltung "Olé auf Schalke" in der Gelsenkirchener Arena ZDF/Fritz Fechner

Der gestiegene Erfolg von Partyschlager habe jedoch auch zu einem härteren Konkurrenzkampf geführt. Laut Deejay Biene habe früher eine familiäre Atmosphäre unter den Künstlern geherrscht und man habe oft zusammen gefeiert. Heute hingegen seien viele Acts untereinander zerstritten. Im Gegensatz zu früheren Jahren werden pro Saison viel mehr Songs veröffentlicht, wodurch jeder einzelne Titel nur einen kürzeren Zeitraum hat, um durchzustarten, da er schnell von den nächsten Songs abgelöst wird. Allzu optimistisch blickt auch Matthias Distel alias Ikke Hüftgold nicht in die Zukunft. Spätestens seitdem der kontrovers diskutierte Song über die Puffmama "Layla" von DJ Robin & Schürze vor zwei Jahren auf Platz 1 der Charts landete, wurde aus der Mallorca-Nische ein Massenphänomen. Seiner Ansicht nach habe Partyschlager gerade den Zenit erreicht und der Markt werde sich in den kommenden Jahren bereinigen. Nach unserem Layla-Hype ist das Ding nach oben explodiert. Und irgendwann geht es wieder runter.

Apropos Layla: Natürlich ist auch der erfolgreichste und gleichzeitig umstrittene Partyschlager-Song Thema. DJ Robin, einer der beiden Interpreten, hat deshalb sogar Morddrohungen erhalten. Sein Kollege Schürze sagt über die Aufregung von vor zwei Jahren: Mittlerweile können wir drüber schmunzeln und uns freuen. Das hat uns länger auf Platz 1 der Charts gehalten. Man hat gemerkt: Je mehr es verbieten wollten, umso mehr haben gegengesteuert.

Malin Brown ist die erste und bislang einzige PoC-Partyschlager-Sängerin.
Malin Brown ist die erste und bislang einzige PoC-Partyschlager-Sängerin.ZDF/Jasper Engel

Malin Brown ist die erste PoC-Partyschlager-Sängerin. Sie hatte im Vorfeld Bedenken, ob das Ballermann-Publikum bereit für Diversität sei. Bisher werde sie aber sowohl in Deutschland als auch auf Mallorca gut angenommen und sei akzeptiert. Ich mag an Partyschlager, dass die Lieder ironisch sind, dass einfach alles Quatsch ist und man das Leben nicht so ernst nimmt. Die Lieder spiegeln das ganz gut wider, sagt die Sängerin.

Zur Wort kommen außerdem auch Interpreten wie Mickie Krause, Peter Wackel, Lorenz Büffel, Julian Sommer, Nancy Franck sowie Mallorca-Party-Queen Mia Julia - leider nur kurz am Ende des dritten Teils der Doku. Umso treffender sind ihre Worte über die Faszination Partyschlager: Hier sind alle gleich. Hier wird niemand anders behandelt. Abschalten, gute Leute um sich herum haben, die genau dasselbe gerade fühlen. Selbst wenn du alleine herkommen würdest, würdest du nicht alleine hier rausgehen.

Erobert seit 2012 die Herzen der Partyschlager-Fans: Mia Julia
Erobert seit 2012 die Herzen der Partyschlager-Fans: Mia Julia ZDF/Jasper Engel

Die Dokumentation von Maria Burges bietet einen vielschichtigen und bis dato noch nie so ausführlichen Einblick in eine oft belächelte Branche. Sie ist dabei erfreulicherweise nie wertend, sondern lässt die Bilder und Fakten für sich sprechen. Es wird gezeigt, welch aufwendiges Business dahintersteckt und was die Künstler auf und abseits der Bühne leisten. Die Produktion von Spiegel TV lohnt sich daher nicht nur für Partyschlager-Fans, sondern auch für vorurteilsbehaftete Skeptiker.


 

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang '85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. "Bim Bam Bino", "Vampy" und der "Li-La-Launebär" waren ständige Begleiter zwischen den "Schlümpfen", "Familie Feuerstein" und "Bugs Bunny". Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. "Ruck Zuck" oder "Kaum zu glauben!". Auch für Realityshows wie den Klassiker "Big Brother" hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie "Die Harald Schmidt Show" und "PussyTerror TV", hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie "Eine schrecklich nette Familie" und "Roseanne", aber auch schräge Mysteryserien wie "Twin Peaks" und "Orphan Black". Seit Anfang 2013 ist er bei TV Wunschliste vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

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