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TV-Kritik/Review: "Hotel Cocaine": Gangsterserie über realen Nachtclub in Miami klebt an glitzernder Oberfläche
(30.06.2024)
Nicht erst seit gestern erfreuen sich Geschichten über die Verbrechermilieus in Florida, speziell Miami, einiger Beliebtheit. Brian De Palmas 1983 veröffentlichter Gangsterfilm
Auch diese beginnt, als wäre es inzwischen gesetzlich vorgeschrieben, mit einer Voice-over-Einleitung durch den Protagonisten Roman Compte (Danny Pino), der uns gleich eine plakative Warnung mit auf den Weg gibt: "Jedes Vergnügen hat seinen Preis!" Als Manager des bei Stars und Sternchen beliebten Clubs, der zum gleichnamigen Hotel gehört, ist er ständig auf Zack, hält Augen und Ohren offen, um seinen Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Entspannen und sich gehen lassen, bei Bedarf mit Hilfe illegaler Substanzen, bevorzugt: Kokain - das ist das Versprechen, das Hotelchef Burton Greenberg (Mark Feuerstein) stolz vor sich herträgt. Einen Ort wie seinen Wohlfühltempel brauche es in einer Welt, in der es vor Problemen nur so wimmele, bekräftigt er im Gespräch mit Hunter S. Thompson (John Ventimiglia). Jenem berühmten Schriftsteller, der zwar über den Hedonismus der feierwütigen Meute die Nase rümpft, sich dann aber durch selbige fleißig weißes Pulver reinzieht. Wie so viele Menschen, die hier verkehren.
Nicht nur die Lokalität ist der Wirklichkeit entnommen. Auch Roman Compte ist keine Erfindung der Serienmacher. Allerdings baut Schöpfer Brancato um ihn eine mit vielen fiktiven Elementen ausgeschmückte Story. Im Jahr 1978 taucht im Mutiny Club der für die Drogenbehörde DEA arbeitende Agent Zulio (Michael Chiklis) auf und stellt den Geschäftsführer vor die Wahl: Entweder er unterstützt die Polizei dabei, seinen (fiktiven) älteren Bruder Nestor Cabal (Yul Vazquez), einen gefürchteten Drogenbaron, hochzunehmen. Oder aber Roman wird seine Tochter Valeria (Corina Bradley) nie mehr wiedersehen. Eine aus vielen filmischen und seriellen Gangstererzählungen bekannte Drucksituation, die den Exilkubaner umgehend aktiv werden lässt.
Und siehe da. Obwohl er sich von Nestor einst abwandte, mit seinen Machenschaften nichts mehr zu tun haben wollte, wird er von ihm mit recht offenen Armen empfangen. Verdacht schöpft - ein weiterer vertrauter Drehbuch-Move - einzig Cabals rechte Hand Chucho Ramirez (Juan Carlos Messier), was Roman natürlich schon bald neue Schwierigkeiten bescheren wird. Dass er sich noch in der Auftaktfolge zu einem brutalen Vertrauensbeweis durchringt, mag man der Serie angesichts seines Dilemmas abkaufen. Etwas zu schnell weiht Nestor indes seinen lange abtrünnigen Bruder in ein kommendes "Geschäft" ein. Überhaupt geht es in den ersten beiden Episoden, die für diese Kritik gesichtet wurden, oft sehr zügig und ohne große Zwischenschritte voran. Leerlauf gibt es nicht. Dafür aber auch nur wenige Momente, die es den Figuren erlauben, sich zu entfalten.Roman ist dem Regime in Kuba entkommen, hängt, anders als seine Tochter, aber noch an der Heimat und trauert um seine tote Frau, die auch Valeria schmerzlich vermisst. Diese emotionale Note schwingt immer mal wieder mit, spielt eingangs jedoch nur eine marginale Rolle. Der als ewiger Außenseiter abgestempelte Hotelboss Greenberg scheint als tragischer Charakter angedacht, wirkt allerdings, auch wegen Mark Feuersteins exaltiertem Spiel, eher wie eine Karikatur auf zwei Beinen. Yul Vazquez verleiht dem Obergangster eine hinter vornehmem Auftreten versteckte Skrupellosigkeit. Nachhaltigen Eindruck hinterlässt sein Bösewicht aber noch nicht. Ähnliches gilt für den von Michael Chiklis kernig dargestellten Ermittler, dessen Vorgehen stellenweise etwas naiv anmutet. Warum beispielsweise trifft er sich mit Roman ständig im Club, wo die beiden auf dem Präsentierteller sitzen? Größeren Einfluss auf die blutigen Verwicklungen nimmt die im Partypalast zur Bespaßung der betuchten Gäste angestellte Janice Nichols (Laura Gordon), mit der Compte eine besondere Beziehung verbindet.
Der Stoff böte die Möglichkeit, unterschiedliche migrantische Lebensläufe zu beschreiben, die Frage nach dem American Dream unter die Lupe zu nehmen. "Hotel Cocaine" scheint sich dafür jedoch nur am Rande zu interessieren. Im Vordergrund steht die Krimihandlung, Romans Abgleiten in die Welt seines Bruders, das zu oft die Form einer Gangstersoap annimmt. Genremuster werden kopiert und nur selten mit Leben gefüllt. Mit einer Sequenz verneigen sich Brancato und Co unverkennbar vor der berühmten Montage in Francis Ford Coppolas Klassiker
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten zwei von insgesamt acht Episoden der Serie "Hotel Cocaine".
Die erste Folge der Serie "Hotel Cocaine" wurde am 16. Juni beim US-Streaming-Anbieter MGM+ veröffentlicht. Über einen deutschen Start ist noch nichts bekannt.
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