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Joyn-Eigenproduktion fügt dem Genre nichts Neues hinzu
Fahri Yardim und Rocko Schamoni in "Der Upir"
Joyn/Christoph Köstlin
TV-Kritik/Review: "Der Upir": Nur ein bisschen witzige Vampircomedy mit Yardım und Schamoni/Joyn/Christoph Köstlin

Eigentlich lief es bei Eddie (Fahri Yardım) doch gut. Finanziell sogar so gut, dass er plant, eine Villa für sich und seine Freundin Julie (Aenne Schwarz) zu kaufen. Als er sich zu einem Besichtigungstermin mit einer Maklerin trifft, läuft jedoch alles aus dem Ruder. Die alte Villa entpuppt sich als verrottetes Gemäuer mit morbider Ausstrahlung. Nachdem die Maklerin im Keller die Tür zu einem nicht im Grundriss eingezeichneten Raum entdeckt hat, kommt sie nicht wieder heraus. Hinter der Tür bietet sich Eddie ein Bild des Schreckens: Ein Mann säuft Frau Solbach buchstäblich aus. Danach stürzt er sich auch auf Eddie und beißt ihn. Dann erklärt er ihm, er sei ein Vampir und Eddie jetzt sein Upir - er müsse ihm 30 Tage lang dienen. Wenn er das nicht zu seiner Zufriedenheit mache, werde er selbst zum Vampir.

 "Der Upir" heißt folgerichtig die neue Eigenproduktion des Streaminganbieters Joyn. In acht etwa halbstündigen Episoden erzählt Drehbuchautor und Regisseur Peter Meister darin vom nun folgenden Leidensweg Eddies, dessen Leben von einem Moment auf den anderen aus den Angeln gehoben wird. Dabei lässt sich das Genre wohl am besten als Horror-Comedy umschreiben.

Zunächst glaubt der Besitzer und Betreiber mehrerer Berliner Burger-Imbisse dem verwahrlosten Mann im altmodischen Pelzmantel, der sich als Igor vorstellt (Rocko Schamoni), natürlich kein Wort. Auch nicht, dass der ihn mittels eines in Eddies Haut eingebrannten Zeichens jederzeit zu sich zurückrufen könne. Offensichtlich ist der Typ doch einfach ein psychopathischer Mörder. Doch schon bald wird Eddie klar, dass er tatsächlich einem Vampir zum Opfer gefallen ist: Er ist auf Handyfotos nicht zu sehen, beginnt unkontrolliert zu schweben und etwas zieht ihn wirklich zu Igor zurück, wenn er versucht, sich ohne Erlaubnis von ihm zu entfernen. Fortan versucht Eddie, in seinem sozialen Umfeld den Schein der Normalität aufrechtzuerhalten, während er gleichzeitig den Forderungen des launischen Vampirs gerecht werden muss. Denn nur, wenn der nach 30 Tagen mit seinem Diener zufrieden ist, macht er Eddie wieder zu einem normalen Menschen.

Wie entsorgt man eine Maklerin? Igor (Rocko Schamoni) und Eddie (Fahri Yardim) mit der toten Frau Solbach (Stephanie Petrowitz)
Wie entsorgt man eine Maklerin? Igor (Rocko Schamoni) und Eddie (Fahri Yardim) mit der toten Frau Solbach (Stephanie Petrowitz) Joyn/Christoph Köstlin

Nun hat der Durchschnittstyp also den aus dem 19. Jahrhundert stammenden Igor am Hals (sorry für das Wortspiel), der das vergangene Jahrhundert in dem Kellerraum eingeschlossen war und sich über so einiges im modernen Berlin wundert. Erschwerend hinzu kommt noch Eddies Bekannter Andi (den österreichischen Comedian David Scheid kennt das ORF-Publikum aus  "Willkommen Österreich" und dessen eigener Show  "Dave"), ein sozial inkompetenter Exzentriker, der im denkbar ungünstigsten Moment auftaucht. Mit den beiden schrägen Gestalten fährt Eddie nach Hause, wo Julie mit einer Überraschungsparty auf ihn wartet. Die schräg-schwarze Komik steigert sich während des Abendessens mit Familie und Freunden immer weiter ins Absurde, bis Igor versehentlich angeschossen wird, aber stark blutend ablehnt, einen Krankenwagen zu rufen (da sowas einem Vampir wenig ausmacht): "Das ist doch nur ein Kratzer!"

Danach macht Eddie noch Bekanntschaft mit Igors früherem Clan. Der hat allerdings längst eine neue Führerin gewählt. Nur wenn Igor eine Reihe von Aufgaben erfüllt, sind Friedhelm (Jörn Hentschel) und die anderen Vampire bereit, ihn wieder als Chef anzuerkennen. Gleich die erste Aufgabe, bei der Eddie natürlich assistieren muss, ist mit einer Menge Blut und Gore verbunden. "Der Upir" ist also sicher keine Serie für Zartbesaitete. Da wird schon mal mit allerlei Leichenteilen hantiert und vor diversen Körperflüssigkeiten können die Zusehenden sich nie sicher fühlen. Auch der Humor bewegt sich des Öfteren unterhalb der Gürtellinie und jenseits aller Geschmacksgrenzen. Dabei mag es noch lustig sein, dass Kalle (Arnd Klawitter), ein Vampir aus Igors Ex-Clan, in einer völlig verwahrlosten Wohnung lebt, in der das verstopfte Klo noch das kleinste Problem darstellt. Wenn Eddie im heimischen Badezimmer plötzlich der Blutdurst überfällt und er sich über einen benutzten Tampon seiner Freundin aus dem Mülleimer hermacht, sorgt das aber doch eher für Ekelgefühle als für Lacher.

Eddie muss als Vampirdiener einiges lernen
Eddie muss als Vampirdiener einiges lernen Joyn/Christoph Köstlin

Während die Pointen mal besser und mal schlechter sitzen, kann die Serie mit ihren Darstellern durchaus punkten. Fahri Yardim variiert seine Standardrolle als netter, leicht chaotischer Kerl von nebenan, mit der er vor allem aus  "jerks." an der Seite von Christian Ulmen bekannt ist. Komödiantisches Talent ist ihm jedenfalls nicht abzusprechen. Das hat unzweifelhaft auch der zweite Hauptdarsteller Rocko Schamoni, der weniger als Schauspieler, sondern eher als Sänger, Schriftsteller ("Dorfpunks", das grandiose "Sternstunden der Bedeutungslosigkeit") und Hamburger Szenetyp (Golden Pudel Club) bekannt ist. Als Igor besticht er vor allem durch seine trocken abgelieferten Dialogsätze. David Scheid wiederum tritt er hier genauso auf wie in seiner Rolle als hemmungsloser Asi-Reporter Dave in den ORF-Reihen. Er kommt unglaublich nervig rüber, woraus sich aber ein starker Witz ergibt - wenn man denn diese Art von Humor mag.

Handwerklich ist "Der Upir" eine typische deutsche Serienproduktion. Allzu groß dürfte das Budget nicht gewesen sein, so beschränken sich die Spezialeffekte trotz des Fantasy-/Horrorthemas auf Kleinigkeiten wie den manchmal gegen seinen Willen an einem Supermarktregal hochfliegenden Eddie. Das sieht insgesamt nicht spektakulärer aus als bei  "Der kleine Vampir" in den 1980ern. Besondere visuelle Einfälle sucht man auch sonst vergebens.

Das Erzähltempo stimmt, allerdings legt das Drehbuch mehr Wert auf die Aneinanderreihung von Gags als auf eine stringente Handlung oder gar das Ausloten der inneren Situation seines tragischen (Anti-)Helden Eddie. Auch Konterpart Igor bleibt trotz seines flamboyanten Auftretens eher blass, obwohl das für einen Vampir bekanntlich keine zwingende Charaktereigenschaft ist. Dem Genre etwas Neues hinzufügen kann die Serie leider nicht. So ist die Joyn-Produktion nicht mehr als eine der zahlreich auf den Markt kommenden Streamingserien, die man gut zwischendurch gucken kann, die aber keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "Der Upir".

Meine Wertung: 3/5

Die achtteilige Staffel startet am Mittwoch, den 18. September auf Joyn.


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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